Zwangsstörungen
Zwangsstörungen gehören zu den häufigeren psychischen Erkrankungen und sind gekennzeichnet durch das wiederholte Auftreten von Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen.
• Zwangsgedanken sind aufdrängende, belastende Gedanken, Impulse oder innere Bilder, die sich trotz bewusster Gegenwehr immer wieder aufdrängen und meist als übertrieben oder unsinnig erlebt werden. Typische Inhalte betreffen Angst vor Verunreinigung, Befürchtungen, jemandem Schaden zuzufügen, oder Zweifel, etwas falsch gemacht zu haben.
• Zwangshandlungen sind stereotype Verhaltensweisen oder mentale Rituale, die in der Regel der kurzfristigen Angstreduktion dienen – etwa ständiges Händewaschen, wiederholtes Kontrollieren von Türen oder Geräten oder das Durchführen bestimmter Zählrituale. Sie verschaffen zwar momentane Erleichterung, verstärken die Zwangssymptomatik aber langfristig und führen häufig zu massiver Einschränkung im Alltag.
In Deutschland liegt die 12-Monats-Prävalenz von Zwangsstörungen bei etwa 1–2 %, die Lebenszeitprävalenz bei rund 2–3 %.
Männer und Frauen sind insgesamt ähnlich häufig betroffen, wobei Zwangsstörungen bei Männern eher im Kindes- und Jugendalter beginnen, bei Frauen häufiger erst im jungen Erwachsenenalter. Etwa zwei Drittel der Betroffenen entwickeln sowohl Zwangsgedanken als auch Zwangshandlungen, bei einem Teil überwiegen jedoch die Gedanken (z. B. Grübelzwänge, Schuld- oder Aggressionsbefürchtungen), bei anderen die Handlungen (v. a. Wasch- und Kontrollrituale). Schon im Kindesalter zeigen etwa 2–3 % aller Kinder vorübergehende Zwangssymptome; dies ist meist unproblematisch, da Kinder in wiederholten Ritualen und festen Abläufen Sicherheit und Orientierung finden. Bei etwa einem Drittel dieser Fälle entwickeln sich im Verlauf jedoch ausgeprägte Zwangsstörungen.
Die Entstehung von Zwangsstörungen ist multifaktoriell: Genetische Veranlagung, Veränderungen in neurobiologischen Netzwerken (insbesondere im fronto-striatalen Kreislauf), Lernerfahrungen sowie frühe Belastungen können zur Entwicklung beitragen. Häufig besteht auch eine hohe Komorbidität, vor allem mit Depressionen und Angststörungen.
Zwangsstörungen sind gut behandelbar, auch wenn der Verlauf oft langwierig ist. Die wirksamste Therapieform ist die kognitive Verhaltenstherapie, insbesondere Exposition mit Reaktionsverhinderung, bei der Betroffene sich den angstauslösenden Situationen stellen und das zwanghafte Verhalten unterlassen. Ergänzend können Medikamente aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) eingesetzt werden.