Persönlichkeitsstörungen


Persönlichkeitsstörungen sind tief verwurzelte, überdauernde Verhaltens- und Erlebensmuster, die deutlich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweichen. Sie betreffen in besonderem Maße Kognitionen, Affekte, zwischenmenschliche Beziehungen und die Impulskontrolle. Charakteristisch ist ihre Stabilität über Zeit und Situationen hinweg, wodurch sie zu erheblichen Einschränkungen in sozialen, beruflichen und privaten Lebensbereichen führen können.

Persönlichkeitsstörungen beschreiben somit keine vorübergehenden ich-dystonen (der Person fremden) Muster, sondern vielmehr bestimmte Ausprägungen menschlicher Persönlichkeit, die besonders stark, starr und schwer anpassungsfähig sind. Daher ist der Krankheitsbegriff in diesem Zusammenhang nicht ganz eindeutig. Jeder Mensch hat Eigenheiten im Denken, Fühlen und Handeln – problematisch wird es erst dann, wenn diese Muster so unflexibel und überdauernd sind, dass sie vermehrt zu Konflikten führen und erhebliches Leiden bei den Betroffenen oder ihrem Umfeld verursachen.

Eine Diagnose wird nur dann gestellt, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind: Die Muster haben in Jugend oder frühem Erwachsenenalter begonnen, sie sind zeitlich stabil, treten in verschiedenen Lebensbereichen (Beruf, Familie, soziale Kontakte) auf, sind rigide, also kaum veränderbar, und verursachen deutlichen Leidensdruck oder eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit.
Zu den bekanntesten Persönlichkeitsstörungen zählen:

• die Borderline-Persönlichkeitsstörung mit starker emotionaler Instabilität, Impulsivität, selbstschädigendem Verhalten und intensiven, wechselhaften Beziehungen,

• die narzisstische Persönlichkeitsstörung, geprägt von einem hohen Bedürfnis nach Bewunderung, verletzlichem Selbstwert und einem Mangel an Empathie,

• die selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung, gekennzeichnet durch soziale Gehemmtheit, Minderwertigkeitsgefühle und ausgeprägte Angst vor Ablehnung.

Mit der elften Version des Internationalen Klassifikationssystems ICD-11 hat sich die Diagnostik verändert: Persönlichkeitsstörungen werden nicht mehr in starre Subtypen eingeteilt, sondern nach Schweregrad (leicht, mittel, schwer) und durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Das soll eine differenziertere und individuellere Diagnose ermöglichen.

Insgesamt treten Persönlichkeitsstörungen bei rund 10 % der Bevölkerung auf. Unterschiede bestehen nach Subtyp und Geschlecht: Borderline betrifft etwa 1–2 % (häufiger bei Frauen), narzisstische Persönlichkeitsstörung etwa 1 % (häufiger bei Männern), während die selbstunsicher-vermeidende Form mit 1-2 % beide Geschlechter ähnlich betrifft.

Die Ursachen sind vielfältig: genetische Faktoren, neurobiologische Besonderheiten, belastende Kindheitserfahrungen oder ungünstige Beziehungsmuster spielen zusammen. In der Behandlung stehen psychotherapeutische Verfahren im Vordergrund, bei Borderline etwa die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) oder bei Persönlichkeitsstörungen allgemein die Schematherapie.